20. September 2007

Über den Wolken


Nachdem mein letzter Eintrag jetzt doch schon ein wenig länger her ist könnte man glauben ich hätte meinen Pass doch nicht mehr rechtzeitig bekommen und das Ambulanzflugzeug wäre wieder leer nach Hause geflogen. Dann wäre ich wohl in einer schmerzvollen und quälenden Reise mit schrottreifen LKWs über übelste Straßen oder in einer mehrere Wochen dauernden Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn irgendwie wieder nach Österreich gekommen, wobei ich mir auf den Ladeflächen der verschiedenen Transportmittel, die ich mit Schafen und kasachischen Bären teilen musste diverse Infektionen und Krankheiten zugezogen hätte, die hier in Europa absolut unbekannt sind und ich daher zur Behandlung wieder nach Kasachstan gebracht werden musste. Aber in Wirklichkeit lief natürlich alles nach Plan.

Der Polizist erscheint um 0815 mit meinem Gepäck. Hier fällt mir ein, dass ich meinen Pass ja schon am Vortag erhalten habe, was die Einleitung ad absurdum führt, aber jetzt hab ichs schon geschrieben. Also weiter im Text. Der Polizist ist pünktlich der Ambulanzjet nicht. Gegen zehn Uhr werde ich in einem Pkw zum Flugplatz in Taldykhorgan gebracht. Hier warten die beiden Ärzte des Ambulanzflugzeugs auf mich. Da der Flugplatz nicht für internationale Flüge zugelassen ist mussten die beide in einen russischen Businessjet umsteigen, was natürlich auch für mich einmal umsteigen bedeutet. Gar nicht so einfach bei einer derartigen Maschine. So fliegen wir also die 250 km nach Almaty und ich steige in den eigentlichen Ambulanzjet um. Der Pilot bezahlt den Kurztransport Taldykhorgan-Almaty in Bar. 8000 Dollar in zum Teil sehr kleinen Scheinen werden heruntergezählt.

Im Jet ist das Platzangebot eher beschränkt. Zwei Piloten im Cockpit, zwei Sitze für die Ärzte und eine durchgehende Sitzreihe für mich, wo ich mein Bein hochlagern kann. Ausserdem eine Trage für Liegendtransporte, auf der ein Teil meines Gepäcks Platz nimmt. Der Rest wird an verschiedenen Plätzen verteilt. Sehr viel mehr hätte es nicht mehr sein dürfen.

Wir fliegen insgesamt ca 7 Stunden. Zuerst 4 Stunden bis Tiflis zum Auftanken. Dann weitere 3 Stunden bis Linz, aber die Zeit vergeht ja wie im Flug. Außerdem habe ich durch die Zeitverschiebung noch vier Stunden gut, also dauert der Flug dann ja insgesamt nur 3 Stunden. Minus eine Stunde Tanken sind das dann zwei Stunden. Und die Sommerzeit muss ich ja auch noch einrechnen. Oder muss ich hier umgekehrt rechnen? Egal. Um 17Uhr landen wir in Hörsching und ich werde vom grünen Kreuz ins UKH gebracht, wo ich die nächsten drei Wochen verbringe. Eine Operation des Wadenbeins inklusive einer Platte und sechs Schrauben bescheren mir einen Gips für weitere sechs Wochen. Zur Zeit bin ich zu Hause bei meinen Eltern, wo ich gerade den Rücktransport der BMW plane, bzw die Weiterfahrt....denn ich hab ja noch so einiges vor.

31. August 2007

Kursänderung

Nachdem ich mich im Krankenhaus einigermaßen eingewöhnt und mich mit meinen Mitbewohnern bekannt gemacht habe beginne ich schön langsam an die Heimreise zu denken.
Natürlich sind auch hier wieder alle äußerst freundlich und nett und auch die medizinische Versorgung im Krankenhaus ist sicher nicht schlecht. Aber da meine Verletzung doch eine Operation erfordert, die ich lieber in Österreich durchführen lassen möchte beginne ich am Donnerstag die nächste Etappe meiner Reise zu planen, Kasachstan-Österreich auf dem direkten Weg. Etwas überrascht bin ich als Bolat (ja, ich musste auch kurz lachen), der Lenker des Unfallautos im Krankenhaus erscheint. Er besucht mich an jedem Tag, bringt mir etwas zu essen und zum Anziehen. Ausserdem besorgt er mir auch noch einen Dolmetscher, einen in Deutschland lebenden Kasachen, der eigentlich nur Urlaub in Kasachstan macht, aber mehrere Tage seines Urlaubs für mich opfert um mir zu helfen. Ich nehme also am Donnerstag Kontakt mit meiner Versicherung auf, die zuerst einmal einige Unterlagen wie, ärztlichen Befund, Polizeibericht etc. benötigt. Das Besorgen der Unterlagen, insbesondere des Polizeiberichts und das Faxen derselben nehmen beinahe zwei Tage in Anspruch. Ein weiteres Problem stellt die polizeiliche Verwahrung meines Gepäcks und meines Reisepasses dar. Nach einem vergeblichen Versuch am Samstag an meine Sachen zu kommen, beschließen wir, Bolat, Vitaly- der Dolmetscher und ich, es am Montag erneut zu versuchen. Allerdings erhalte ich am Samstag in der Nacht einen Anruf aus Österreich, dass für Montag vormittag schon ein Ambulanzjet für mich organisiert ist. Da mir jetzt nur mehr der Sonntag bleibt um vor allem meinen Reisepass wiederzubekommen wird auch die Österreichische Botschaft in Almaty eingeschaltet. Nach einigen Telfonaten kommt sonntag abend schließlich ein Polizist mit meinem Pass ins Krankenhaus. Ausserdem verspricht er mir am Montag um 8uhr30 mein Gepäck zu bringen. Das geht sich ja wunderbar aus denke ich mir, ich werde ja erst um 9Uhr abgeholt. Aber wenigsten habe ich meinen Pass wieder und so schlafe ich in der letzten Nacht in Kasachstan wieder etwas beruhigter, wenn auch nicht besser, da sich meine anfängliche Einschätzung der Schnarchgewohnheiten meiner Zimmerkollegen als absolut falsch erweist.

25. August 2007

Linz/Österreich-Nachtrag

Kasachische Arzt mit zwei Krankenschwestern


Ich hab ja letztes mal geschrieben das es ein bisschen länger dauern kann bis ich wieder einen Eintrag schreibe. Und das ist auch eingetreten.


Also, am Sonntag, den 5. August verlasse ich Almaty. Zuerst gehts in die angrenzenden Berge zum Medeo-Eislaufstadion und in Almaties Schigebiet am Shymbulak. Nach tausenden Kilometern Ebene ist der gebirgige Suedosten Kasachstans eine willkommene Abwechslung. Ich fahre bis auf 2400 m hoch und genieße die Aussicht. Am Nachmittag gehts dann weiter Richtung Norden. Die nächsten drei Tage verbringe ich damit den den östlichen Teil des Landes zu erforschen. Das ich mich hier schon knapp an der chinesischen Grenze befinde sei nur nebenbei erwähnt. Hier gibt es einige schöne Seen und endlich auch Zeltplätze die nicht mitten in der Steppe sind sondern irgendwo am Waldrand mit kleinen Bächen in der Nähe. Nachdem ich immer weiter Richtung Norden komme und sich die Landschaft wieder in die Bekannte Steppenwelt verwandelt beschließe ich umzukehren um mich im Gebiet um Almaty noch ein wenig genauer umzusehen. Am Mittwoch Nachmittag erreiche ich Taldy Khorgan. Ca. 250 km nördlich von Almaty. Ich esse eine Kleinigkeit, kaufe Vorräte und fahre weiter um mir einen Platz zum zelten zu suchen. Da ich zwei Tage zuvor schon in der Gegend war und einen wunderbaren Zeltplatz gefunden hatte, den ich auch im GPS eingespeichert hatte entscheide ich mich diesen Platz nochmals aufzusuchen. Das GPS Gerät zählt die Kilometer herunter. Noch 8,7,6 km bis zum Ziel.Ich bin schon ein wenig müde und freue mich auf einen gemütlichen Abend. 500m, 400m...450m, 500m. Die Zahlen werden wieder größer. Ich habe den Waldweg verpasst der mich zu meinem Ziel führen soll. Ich werde langsamer und möchte auf der Landstraße umkehren. Ich schaue zurück und beginne mit dem Wendemanöver indem ich nach links abbiege....Ich höre ein Hupen, quietschende Reifen, ein Auto trifft auf etwas anderes. Ich fühle wie ich den Kontakt zum Motorrad verliere. Ich werde ganz leicht und drehe mich scheinbar schwerelos in der Luft. Den Aufprall am Asphalt spüre ich kaum. Ich denke nichts. Zu wenig Zeit. Oder doch. Und wenn dann beschränken sich die Gedanken auf ein Wort. Scheiße. Ich liege auf der Straße und versuche aufzustehen. Mein linkes Bein will nicht so recht. Der Fuss fühlt sich seltsam an. Als wäre er eingeschlafen. Er bleibt beim Heben des Beins einfach am Boden. Die Schmerzen sind nicht so schlimm, noch nicht. Ich bleibe liegen. Um mich herum breitet sich Hektik aus. Menschen telefonieren mit Handys. Ich verstehe natürlich nichts. Nach kurzer Zeit höre ich Sirenen. Die Polizei leitet den Verkehr um mich herum. Wenig später trifft ein Rettungswagen ein. Ein Fahrer, ein Arzt. Der Arzt öffnet meinen Stiefel. Jetzt kommen die Schmerzen. Der Fahrer des Rettungswagens wendet sich ab und verschwindet. Ich sehe zu meinem Fuss und verstehe die Schmerzen. Der Fuss ist aus dem Gelenk gesprungen und ist soweit zur Seite und nach hinten verschoben, dass eine etwa 10 cm lange Wunde entstanden ist die einen Einblick auf den sonst so gut verborgenen Bewegungsapparat des Sprunggelenks bietet. Der Arzt spritzt mir Schmerzmittel und schient das Bein, ausserdem bindet er es mit einem Gürtel ab. Ich bitte einen Passanten mir meinen Tankrucksack mitzugeben, in dem sich die wichtsten Dokumente und Wertsachen befinden. Meinen Pass nimmt ein Polizist in Verwahrung. Ich werde in das Rettungsauto geschoben. Der Arzt setzt sich nach vorne zum Fahrer, ich liege alleine hinten. Der Patientenraum ist bis auf ein Paar Schienen und einem Arztkoffer leer. Nach etwa 15 min erreichen wir das Krankenhaus. Röntgen. Behandlungsraum. Ein stirnrunzelnder Arzt begutachtet meine Röntgenbilder. Die Schmerzmittel halten noch an und so spüre ich nicht viel. Ich höre einen Arzt das Wort Novocain sagen. Ich bekomme eine Spritze und werde aufgefordert zu zählen. adin, twa, tre, tschetere...im nächsten Moment wird die Verletztung verbunden. Die Stellung des Fusses ist auf wundersame Weise wieder so wie sie eingentlich gehört. Sogar die Wunde ist vernäht. Ich sehe auf die Uhr. Mir fehlen etwa 20 Minuten. Das Bein wird eingegipst und ich werde in ein anderes Krankenhaus überstellt. In dem Zimmer in das ich gebracht werde liegen bereits fünf andere Männer, Kasachen. Natürlich spricht keiner Englisch oder Deutsch. Auch die Ärzte und Schwestern nicht. Ich bekomme noch Infusionen und ein Paar Spritzen. Die Schmerzen halten sich in Grenzen. Um neun Uhr schlafe ich ein. Ich war ja nachmittags schon müde und wollte sowieso bald zu Bett gehen. Die Erste Nacht im Krankenhaus verläuft ruhig, ich wache zwar immer wieder auf aber wenigstens schnarcht keiner. Das dachte ich zumindest damals noch.

3. August 2007

Fotos

Hier ein paar Fotos





Magazin (Geschaeft) in Aralsk





Steppe





Sonnenuntergang am See





Ehemaliger Hafen von Aralsk





Kamele (Aralsk)






Freie Wahl des Fahrstreifens (zwischen Atyrau und Aktobe)

Almaty



Heute melde ich mich aus Almaty. Almaty, oder Alma Ata wie es frueher geheissen hat liegt im Suedosten Kasachstans und ist das Finanzzentrum des Landes. Die Stadt liegt auf ca 900m Seehoehe am Fusse der Berge. Als allgemeiner Hinweis sei gesagt, falls ihr irgendwelche Staedte, von denen ich schreibe nicht auf der Landkarte findet kann das an den verschiedenen Schreibweisen liegen. Almaty kann auch mal Almatey oder eben Alma Ata, die alte russische Form heissen oder sonstwie. Gut, wo war ich zuletzt, ach ja Shymkent.
Ich verlasse Shymkent nach zwei Tagen und fahre weiter nach Taraz. Auf dem Weg dorthin treffe ich auch meine zwei deutschen Radfahrer wieder. Nach Taraz begegne ich einem Japaner der durch China ebenfalls mit dem Rad gefahren ist und weiter Richtung Kirgistan faehrt. Aber er ist ein wenig in Eile, so halte ich ihn nicht lange auf. Ich selber beschliesse mal eben hoch zum Balkaschsee zu fahren. In Schu einer kleinen Stadt will ich mal kurz tanken, als neben mir ein Mercedes haelt. Adkuda? die uebliche Frage woher ich komme. Austria. Der Fahrer ein ca 50 jaehriger Louis de Funes Typ bittet mich ihm zur Tankstelle zu folgen, wo auch eine Autowerkstatt ist dessen Chef er ist. Da es sowieso mein Weg ist fahre ich ihm nach. Zuerst werde ich zum Tee eingeladen, dann bekomme ich ein Fruehstueck und zum Abschluss ein Lunchpaket. Ali, so heisst der Mann laesst es sich nicht nehmen und zahlt auch noch meine Tankrechnung und steckt mir zweitausend Tenge(ca 16 Dollar) zu. Ich versuche das Geld abzulehenen, es gelingt mir aber nicht. Ich fahre weiter Richtung Balkaschsee.
Dort verbringe ich die Nacht im Zelt. Leider ist das Ufer des Sees ziemlich zugemuellt. Ein generelles Problem in Kasachstan, aber auch schon in Russland. Die Menschen werfen ihren Muell einfach dorthin wo sie gerade sind. Selbst an den schoensten Orten finden sich immer wieder Bergen von Flaschen, Verpackungen und sonstigem Dreck. Umweltschutz ist hier ein absolutes Fremdwort.
Am naechsten Tag fahre ich wieder Richtung Sueden. Neben der Strasse finden sich immer wieder Fischverkaufer, die geraucherten Balkaschfisch verkaufen. Ich bleibe stehen und kaufe mir ein kleines Exemplar und werde mal wieder zum Tee eingeladen.
Am Sonntag treffe ich dann in Intumak einen, einem kleinen Dorf westlich von Almaty ein. Ich habe fuer einen Freund aus Deuschland den ich ueber das Internet kennengelernt habe ein Paket dabei dass ich hier abliefern soll. Rudi war vor zwei Jahren hier und bat mich ein paar Sachen mitzunehmen. Grundsaetzlich kein Problem, nur jetzt wo ich die Kasachen kenne weiss ich das ich mich mit dem Abliefern des Pakets sozusagen selber einlade, was mir ein wenig unangenehm ist. Die Freude ueber das Paket aus Deutschland ist natuerlich riesengross. Ich werde aufgenommen als ob ich zur Familie gehoerte. Staendig wird gekocht und ich muss essen, essen, essen. Nach zwei Tagen, kurz bevor ich platze ziehe ich wieder weiter. Meine anfaenglichen Bedenken ich wuerde mich aufdraengen haben sich sehr schnell wieder verfluechtigt.
Ich zelte noch einmal vor Almaty, bevor ich am Mittwoch in die Stadt fahre. Almaty ist von westlichen Staedten kaum zu unterscheiden, hier sieht man keine Ladas mehr. BMW, Mercedes, grosse Gelaendewagen. Manche der Autos sind rechtsgesteuert, hier merkt man die Naehe zu China. Ich brauche lange um mich durch den Verkehr zu kaempfen, auch ein billiges Hotel zu finden ist nicht einfach, die Preise sind hier in den letzten Jahren explodiert.
Als ich am Donnerstag das Museum besuche hoere ich neben mir eine mir bekannte Sprache. Deutsch, im allgemeinen-oesterreichisch im speziellen. Teilweise hoere ich sogar oberoesterreichischen Dialekt heraus. Ich gebe mich als Landsmann zu erkennen. Die Fuenfkoepfige Gruppe besteht aus einem Wiener, seiner aus Deutschland stammenden Frau, einer Welserin und zwei
Alkovnern. Ich schliesse mich der Gruppe an und wir verbringen den 
Nachmittag und den Abend 
zusammen. Nach vier Wochen Englisch, Hochdeutsch, Kasachisch und meinem erbrochenen, verzeihung gebrochenen Russisch ist es sehr angenehm mal wieder normal sprechen zu koennen. Wie sich herausstellt handelt es sich bei den fuenfen um eine aeusserst nette Gruppe die hier bei einer Freundin wohnen, am naechsten Tag aber schon wieder nach Moskau weiterfliegen. Ich selber werde wohl noch zwei Tage hier bleiben, dann sehe ich mich eine Woche im Osten Kasachstans um ehe ich noch einmal zum Reifen und Oelwechseln nach Almaty komme bevor es nach Kirgistan weiter geht. Wahrscheinlich werden die Internetzugangsmoeglichkeiten jetzt etwas rarer werden, 
aber ich melde mich
eben sobald es wieder geht.

25. Juli 2007

Gruesse aus Shymkent

Da bin ich wieder mal. Leider ohne Foto. Ich sitze gerade im Internetcafe in Shymkent, das auf der kasachischen Seite ca. 200 km von Tashkent entfernt ist. Aber alles der Reihe nach.
Was bisher geschah:
Nachdem ich Atyrau in nordoestlicher Richtung verlasse bin ich ueber 80 km feinsten Asphalt sowohl erfreut als auch verwundert. Irgendwann kommt dann ein winziger Wegweiser Richtung Aktobe. Ich fahre natuerlich vorbei. 5 km weiter kehre ich um und folge dem Wegweiser. Dann frage ich mich: Wo ist die Strasse. Da ist sie doch, direkt vor dir. Aber das was in der Karte als Strasse, wohlgemerkt die einzige Strasse die in diese Richtung fuehrt, eingezeichnet ist war vielleicht einemal eine ebensolche. Jetzt ist von Asphalt nicht mehr viel zu sehen, immer wieder Schlagloecher, teilweise einen halben Meter tief. Nachdem ich bereits in Russland beschlossen hatte mein Reisetempo stark zu verringern bin ich hier sowieso dazu gezwungen. Erster Gang, zweiter Gang, bremsen, erster Gang. Manchmal kommen 50 Meter halbwegs annehmbare Piste. Ich werde uebermuetigung riskiere den 3.Gang. Und schon kommt das naechste Schlagloch. Entweder bremsen oder vollgas darueber. Und so geht es 200 km an diesem Tag. Und da bin ich mit dem Motorrad noch stark im Vorteil gegenueber den Autos und Lastwagen die hier verkehren. Am naechsten Tag versuche ich mein Glueck auf den Nebenfahrbahnen, die einfach nur von LKWs ausgefahrene Spuren in der Steppe sind, teilweise vier bis fuenf nebeneinander, die beste zu finden ist nicht immer leicht. Ich habe staendig das Gefuehl, dass die naechste Spur besser waere. An diesem Tag komme ich ganz gut voran. ca 250 km. An einer Raststaette treffe ich drei Kasachen die die selbe Strecke im Auftrag ihrer Firma unterwegs sind und dort irgendwelche Oelquellen suchen. Ich werde zum Mittagessen eingeladen und einer der drei, Kanat, der als einziger englisch spricht empfiehlt mir bis Aktobe hochzufahren und dann die Haupttransitstrecke zu benutzen um wieder richtung Sueden zu kommen. Am 3. Tag erreiche ich dann Aktobe, wo ich mal wieder in einem Hotel naechtige. Aktobe ist aehnlich teuer wie Atyrau, auch hier ist das Oel noch zu spueren. Hier im Norden veraendert sich die Steppe, keine Kamele mehr, dafuer ein paar Huegel und ab und zu ein Baum. Die Haupstrasse Richtug Sueden ist Anfangs noch in Ordnung verschlechtert sich aber nach 100 km derartig, das ich langsamer als die Tage zuvor vorankomme. Das Ausweichen auf die Nebenfahrbahnen ist fuer mich hier nicht moeglich, da dort immer wieder tiefere Sandpassagen vorhanden sind, die einfach zu gefaehrlich sind. Ein Versuch endet in einem Sturz bei niedriger Geschwindigkeit. Aber im Sand faellt man ja weich. Von da an bleibe ich auf der Strasse. Nach drei Tagen, kurz vor Aralsk gibt es wieder Asphalt. Ein kleiner Jubelschrei ist unvermeidlich. Hier treffe ich auch Katharina und Stefan, zwei Berliner die in Richtung Russland und dann weiter nach Kanada bis nach Suedamerika unterwegs sind. Wir tauschen Erfahrungen aus und geben uns gegenseitig ein paar Tipps ehe ich nach Aralsk weiterfahre. Aralsk, das frueher am Aralsee gelegen ist und daher auch haupsaechlich vom Fischfang gelebt hat, leidet natuerlich unverkennbar am Schrumpfen des Sees. Ich fahre in den ehemaligen Hafen, wo noch immer ein paar Schiffe liegen. Das Seeufer ist inzwischen ca 35 Km entfernt. Ich habe keine Lust im einzigen Hotel zu uebernachten, daher suche ich mir mal wieder einen Zeltplatz ausserhalb. Dieses mal nach einigen Steppenuebernachtungen an einem See. Nicht am Aralsee, die zufahrt zum See und wieder zurueck waeren 200km Schotterpiste. Da ich ein wenig ausgelaugt bin von den letzten Tagen spare ich mir die Strapazen. Hier im Sueden sind die Strassen wieder tipp top, allerdings steigt auch die Polizeipraesenz. Aber meistens wollen sie nicht einmal meine Papiere sehen, sondern fragen nur die ueblichen "woher, wohin, bmw, wie teuer,"Fragen und schon gehts wieder weiter. In Tuerkistan werde ich von einer Familie eingeladen. Mit Hilfe meines Russischwoerterbuchs koennen wir uns einigermassen verstaendigen. Ich werde staendig aufgefordert etwas zu essen, und komme der Aufforderung auch nach. Zum Abschied geben sie mir noch ein paar Vorraete mit.
Gestern bin ich dann nach Shymkent gekommen und werde noch bis morgen bleiben. Auch hier habe ich natuerlich schon ein paar Freunde gefunden. Gestern habe ich uebrigens hier auch zwei Deutsche getroffen die seit sechs Monaten mit dem Fahrrad unterwegs sind und Richtung China weiterfahren.
Wer meinen urspruenglichen Reiseplan kennt hat vielleicht bemerkt, dass ich dem Zeitplan hinterherkinke. Da ich aber beschlossen habe die Mongolei jetzt doch auszulassen, da es mit dem Besorgen des Visums fuer Russland und dem von vorhinein etwas zu knapp kalkulierten Zeitplan einfach zu stressig geworden waere habe ich jetzt genuegend Zeit fuer Kasachstan. Die Mongolei wird wohl noch etwas warten muessen, aber ich habe das Gefuehl nicht allzu lange.
Morgen gehts dann weiter Richtung Balkaschsee und dann nach Almaty. Ich meld mich dann wieder mal. Schoene Gruesse an die Heimat

15. Juli 2007

Atyrau-Stadt des Oels


und was noch wichtiger ist, zumindest fuer mich. Hier beginnt Asien. Aber alles der Reihe nach.

Nun zu allererst: Mir gehts gut. Also, nachdem ich Odessa verlassen hatte beschloss ich die 500 km Umweg auf die Krim doch in Kauf zu nehmen. Leider waren es dann doch etwas mehr, da ich ewig brauchte um den richtigen Weg zu finden. Irgendwie schaffte ich es dann doch noch. Da mir dann der Weg bis zur Suedspitze, wo es wirklich schoen sein soll dann doch zu lange erschien beschloss ich nicht mehr weiter zu fahren und am Strand zu campieren. So jetzt kommt der Fehler. Fuer ein Foto der BMW am Strand bei Sonnenuntergang fur ich exakt 1m zu weit. Dieser eine Meter markierte die Grenze zwischen festem Untergrund und Sand bzw Schlamm darunter. Wer sich schon einmal mit einem Fahrzeug im Sand eingegraben hat weiss wovon ich schreibe. Das Hinterrad steckte bis zur Mitte im Dreck. Natuerlich kein Mensch in der Naehe. Nach zwei Stunden schaffte ich es die 200kg schwere Maschine (das Gepaeck hatte ich da schon abgeladen) irgendwie auszugraben und auf festen Untergrund zu ziehen. Weitere zwei Stunden dauerte es zumindest den groebsten Dreck zu entfernen. Aber ich habe ein wirklich romantisch kitschiges Foto mit dem Motorrad, im Sand vergraben, dahinter der Sonnenuntergang am Strand, gemacht ueber das ich jetzt schon immer lachen muss wenn ich es sehe.

Weiter gings nach Rostov na Danu, mein erstes Ziel in Russland. Die Grenze war nicht weiter schlimm. Zwei Stunden inklusive Durchsuchen des gesamten Gepaecks. Am naechtsten Tag fahre ich nach Wolgograd, das ehemalige Stalingrad. Die Stadt hat natuerlich noch immer einen etwas seltsamen Beigeschmack. Nachdem ich die Gedenkstaette der gefallenen Soldaten besucht hatte versuchte ich mich bei der Registrierungsbehoerde ordnungsgemaess als in Russland angekommen zu registrieren, was mir auch, obwohl dort niemand auch nur ansatzweise deutsch oder englisch sprach, innerhalb einer Stunde gelang. Nachdem mir Wolgograd nun doch nicht so wirklich gut gefiel fuhr ich am naechsten Tag die 400 km nach Astrakhan. Dort angekommen machte ich es so wie zumeist in den letzten Tagen wenn ich in eine neue Stadt komme. Rein ins Zentrum, in irgendeinen Gastgarten, auch wenn das hier nicht Gastgarten heisst, eine Kleinigkeit essen und abwarten. Und jedes mal kommen Leute die mich fragen woher ich komme, wohin ich fahre, wie teuer die BMW ist..., und manchmal unterhalte ich mich mit Menschen die kein Wort englisch oder Deutsch koennen ueber eine Stunde lang. So schien es auch in Astrakhan als mich ein junges Paar am Nebentisch an ihren Tisch bat. Hier allerdings der Unterschied. Sie sprach ein wenig englisch, er ein bisschen deutsch, und nach fuenf Minuten baten sie mir an ich koenne die nacht in ihrer Wohnung verbringen. Nicht falsch verstehen. Natuerlich bin ich vorsichtig, aber in diesem Fall reichte meine Menschenkenntnis auf jeden Fall aus um die Einladung ohne Bedenken anzunehmen. Abends die Stadt erkunden, Vodka trinken und am naechsten morgen fuehren mich die beiden no0ch ca 20 km aus der Stadt Richtung Kasachstan. Wo genau die Grenze ist wissen sie nicht. Ich verabschiede mich und frag mich durch. Auch die Kasachische Grenze ist keine Hexerei, Pass, Zoll, dawei... Die Landschaft veraendert sich Schlagartig, die Kasachische Steppe beginnt, ich sehe die ersten Kamele. Immer wieder Schaf und Pferdeherden. Unendliche Weiten. Ich fahre von der Strasse ab und baue mein Zelt irgendwo im Nirgendwo auf.
Heute morgen dann ab nach Atyrau. in der Stadt angekommen, das gleiche Spiel. Ich bleibe stehen und die Leute fragen mich die ueblichen Fragen. Einer schenkt mir eine Flasche Cola, ein anderer faehrt mit seinem Auto voraus und zeigt mir den weg ins naechste Hotel, wo ich gerade diese Zeilen schreibe. Er hilft mir noch beim Einchecken, was aber dann gar nicht mehr notwendig ist, da die nette Dame an der Rezeption englisch spricht.
Das Hotel ist zwar nicht gerade billig, aber da ich die naechsten Tage wieder irgendwo in der Steppe schlafen werde und da heute Sonntag ist, goenne ich mir das noch einmal. Am nachmittag spaziere ich ueber die Uralbruecke zwischen Europa und Asien hin und her. Jetzt bin ich wohl wirklich schon ein schoenes Stueck gefahren.
Also, wahrscheinlich werde ich mich jetzt mal ein, zwei Wochen nicht melden koennen. Es geht weiter Richtung Aralsee, und da siehts mit Internet wohl ein wenig schlecht aus. Keine Sorgen machen. Bis dann. Ich meld mich wieder sobald es geht.